Ekkehard Maaß
Vorsitzender der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft und singender Zeitzeuge
„Mich erschreckt, dass es nach Weltkrieg und Holocaust keine adäquate Reaktion der Öffentlichkeit auf die russischen Verbrechen in Tschetschenien gibt. Aufarbeiten reicht nicht aus, Aufhalten tut Not!“
Ekkehard Maaß wurde 1951 in Naumburg/Saale als Sohn eines aus dem Baltikum stammenden Pfarrers geboren, der wegen Ablehnung der SED-Diktatur inhaftiert war. Seine Kindheit verlebte Ekkehard Maaß in dem Dorf Schönburg/Saale. Er war weder Mitglied der Pionierorganisation noch der Jugendorganisation FDJ. Wenn seine Mitschüler im Blauhemd zum Fahnenappell aufmarschierten, durfte er in Weiß daneben stehen.
Seit seinem 13. Lebensjahr hatte er enge Kontakte zu den Soldaten der Sowjetarmee, die im Wald des Dorfes ihre Sommerlager abhielten und im Pfarrhaus ihren Seelenhunger nach Menschenwürde stillten. Mit grenzenlosem Enthusiasmus organisierte er schon damals literarische und musikalische Veranstaltungen.
Ekkehard Maaß studierte Theologie und Philosophie, zunächst an kirchlichen Einrichtungen, dann an der Humboldt-Universität in Berlin. Wegen der Freundschaft mit Wolf Biermann und des Sammelns von Unterschriften gegen seine Ausbürgerung wurde er vom Studium relegiert; der Staatssicherheitsdienstes STASI leitete gegen ihn „operative Maßnahmen“ ein.
Die einzige Möglichkeit, ohne gültige Abschlüsse, Berufsausweise oder Mitgliedschaft in einem der Künstlerverbände der DDR eine Steuernummer als Selbstständiger zu erhalten, war die Arbeit als literarischer Übersetzer. Also wurde Ekkehard Maaß literarischer Übersetzer und übte sich im Nachdichten der Lieder Bulat Okudshawas und Wolodja Wissozkis, später an Gedichten von Majakowski, Bely, Sulejmanov und Apti Bisultanov.
Seit 1978 trat Ekkehard Maaß mit Liedern Bulat Okudshawas an die Öffentlichkeit, die er in Deutsch und Russisch zur Gitarre sang. Doch der traurig-ernste Ton dieser Lieder passte nicht zum Frohgesang der offiziellen Liedermacherszene der DDR. Seine Auftritte wurden oft verboten und konnten oft nur in Kirchgemeinden stattfinden.
1978 zog die Familie Maaß in eine große Parterrewohnung mit anliegender Keramikwerkstatt im Prenzlauer Berg. Während seine Frau Tee- oder Kaffeegeschirr töpferte, organisierte Ekkehard Maaß in der Wohnung Lesungen für junge Dichter und Schriftsteller, mit denen der DDR–Staat Schwierigkeiten hatte, ein Beitrag zur Förderung einer Künstlergeneration, die sich 10 Jahre vor dem Ende der DDR von ihr und der sozialistischen Ideologie lossagte.
Ekkehard Maaß, der fließend russisch spricht, reiste mit den Liedern Okudshawas und Biermanns durch alle Sowjetrepubliken und wurde bald Anlaufpunkt für Maler und Dichter aus dem Baltikum, Russland, Mittelasien und vor allem Georgien, seinem Herzland. Unter ihnen waren Bulat Okudshawa, Andrej Bitow, Tschingis Aitmatow, Viktor Jerofejew, Naira Gelaschwili und Giwi Margwelschwili.
Mit dem in Berlin geborenen, 1946 ins sowjetische KZ Sachsenhausen und dann nach Georgien verschleppten Giwi Margwelaschwili verband ihn bald eine tiefe Freundschaft. Mit Vehemenz setzte sich Ekkehard Maaß für seine Rückkehr nach Deutschland und die Herausgabe seines bedeutsamen literarischen Werkes ein.
Nach seiner politischen Rehabilitierung durch den Rektor der Humboldt-Universität nahm Ekkehard Maaß 1991 das Philosophie- und Theologiestudium wieder auf. Doch seine ehrenamtliche Arbeit in einem Fachbeirat der Heinrich-Böll-Stiftung (1990 bis 1997), die Organisation von Kaukasischen Konferenzen in Tbilissi und im Besonderen die Gründung und Leitung der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft füllten ihn so aus, dass er sich dieser Arbeit bald ganz widmete.
Seine Vorträge zu Politik und Geschichte der Kaukasusvölker, im Besonderen zu Tschetschenien, können bei der DKG angefragt werden. Ebenso seine künstlerischen Programme, die auch auf englisch und russisch angeboten werden und im historischen literarischen Salon von Ekke Maaß.
“Die guten finsteren Zeiten“ – Lieder von Wolf Biermann im Schatten der Mauer
“Der Pappsoldat“ - Lieder von Bulat Okudshawa im Kontext des Tschetschenienkrieges
Auszeichnungen:
1998 Zusatzstipendium der Deutschen Nationalstiftung im Zusammenhang mit der Verleihung des Nationalpreises an Wolf Biermann; 2003 Stipendium der Stiftung Kulturfonds (Künstlerhaus Lukas Ahrenshoop); 2007 Berliner Freiwilligenpasses; 2010 Bundesverdienstkreuz; 2015 Orden Kumen Si der Tschetschenischen Republik Itschkeria;
Veröffentlichungen:
- Die Schnupftabakdose, Kinderbuch, Berlin, 1987;
- „Ekkehard Maass“, in Was über dich erzählt wird, Festschrift für Elke Erb, CorvinusPresse, zum 18. 02.1998;
- „Von Schönburg zur Schönhauser Allee“, in Die Ausbürgerung, Berlin, 2001;
- Lang mögest Du leben, Giwi! - Zum 75. Geburtstag des Chefs der Buch- und Versweltverwaltung, Wakusch Verlag Berlin 2002;
- Tschetschenien – Krieg und Geschichte, 400 Jahre koloniale Eroberung – 400 Jahre Widerstand, Ausstellung und Katalog, Mitautorin und Grafische Gestaltung Bettina Kubanek, Berlin, 2003;
- Herausgeber und Übersetzer von: Apti Bisultanov, Schatten eines Blitzes, Klagenfurt, 2004;
- Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften:
- Notizen eines Reisenden; Moskau – Tbilissi; Zu Besuch bei Andrej Bitow; Die guten finsteren Zeiten - Brief an Wolf Biermann, in CONstructiv, Hefte 3, 11, 12, 1991 und Heft 1, 1992;
- Neue Bücher; Toleranz reicht nicht aus, Anerkennung tut Not; Die III. Kaukasische Konferenz in Tbilissi vom 18. bis 21.9.1996;
- Inguschetien - Konferenz 1997, Georgier im Asylantenheim der Stadt Lemgo; Das Schicksal der tschetschenischen Flüchtlinge in Georgien; Nachruf für Prof. Hans Fischer-Barnicol; in den Mitteilungsblättern der Berliner Georgischen Gesellschaft, Berlin, 1994 – 1999;
- Stoppt den Genozid im Kaukasus!; Berg der Sprachen - Die Vielfalt der kaukasischen Völker, in pogrom, Nr. 192, Göttingen, 1997;
- Der Mensch ist ein Text, und hier kann man ihn lesen, Giwi Margwelaschwili zum siebzigsten Geburtstag, Berliner Zeitung, 13./14.12.1997;
- Scharia und Blockade, Interview mit Vizepremier Achmed Zakaev, Neues Deutschland, Berlin, 16. 3. 1998;
- Es gilt das Recht des Stärkeren, Interview mit dem tschetschenischen Kulturminister Achmed Zakajew, und Rätselhafte Geiselnahmen und geheimnisvolle Befreiungen, in Wostok, Nr. 2, Berlin, 1999;
- Die falsche Politik im Kaukasus - ein Kommentar, in Wostok, Nr. 4, Berlin, 1999;
- Inferno - Tschetschenien, in Wostok-Newsletter 11, Berlin, 1999;
- Westlicher Druck ist unsere einzige Hoffnung, Interview mit dem tschetschenischen Außenminister Ilyas Achmadow in Istambul, NZZ, Nov. 1999;
- Russland hat seine Rechte verwirkt (Interview mit dem tschetschenischen Außenminister Ilyas Achmadow in Istambul, s.o.), im Freitag, Berlin, 26.Nov. 1999);
- Der Krieg in Tschetschenien hat unabsehbare ökologische Folgen (Interview mit Ramsan Goitemirow), in Wostok-Newsletter 12, Berlin, 1999;
- Die Rettung der Zivilbevölkerung ist unsere wichtigste Aufgabe (Interview mit dem tschetschenische Außenminister Iljas Achmadow), Wostok, Nr. 2, Berlin, 2000;
- Rettet die Zivilbevölkerung (Interview mit Iljas Achmadow, s.o.), pogrom, Nr. 205, 30. Jahrgang, Göttingen, 2000;
- Und das ist geschehn, Ein Betroffener über die Stasi-Mitarbeit von Sascha Anderson: Es war mehr als Freundesverrat, Berliner Zeitung, Feuilleton, 25. 07. 2002;
- Putin muss viel Reife demonstrieren (Interview), spiegel-online, 25.10. 2002;
- Wir verurteilen den Moskauer Anschlag, Interviev mit Achmed Zakaev, TAZ, Berlin, 31.10. 2002;
- Die Welt schaut zu (Interview), Berliner Morgenpost, 4. 11. 2002;
- Der Westen schaut weg, Interview mit Sergej Kowaljow, Berliner Zeitung, 5. 11. 2002;
- Endlösung der Tschetschenienfrage?, Die Welt, 30. 12. 2002;
- Rezension zu Johannes Rau, Der Dagestankonflikt und die Terroranschläge in Moskau und zu Hans Krech, Der Zweite Tschetschenienkrieg, in Orient, Heft 1, 2003;
- Der Frieden der Friedhöfe, pogrom, 2004;
- > Endlösung der Tschetschenien-Frage? (Kommentar), Die Welt, 30.12.2002;
- Die Tschetschenen und ihr verzweifelter Kampf für ein freies Tschetschenien, Zeitfragen Nr. 18, 19. 05. 2003;
- Rezension: Florian Hassel (Hrsg), Krieg im Schatten, Deutschlandfunk, 22. 12. 2003;
- Schröder redet Putin nach dem Mund (Interview), ND, 7. 09. 2004;
- Putin zeigt sein wahres Gesicht (Interview), publik forum, Nr. 18, 2004;
- Rezension: Norman M. Naimark, Ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert, Deutschlandfunk, 2004;
- Eine Tragödie für Tschetschenien, Russland und Europa (Kommentar), FA Sonntagszeitung, 2005;
- Die russische Tschetschenienpolitik (Kommentar), in Ost-West Europäische Perspektiven, 5/2005;
- Utopie einer politischen Lösung des russisch-tschetschenischen Konflikts, Ost-West Gegeninformation, 2005;
Zahlreiche Interviews in Funk und Fernsehen;
Übertragungen:
- Mit Elke Erb: „Der Weg“ (Doroga), „Das Gehirn“ (Mosg), „Unterwegs“ (Na doroge), Alexander Gerow, Poesiealbum 157, Verlag Neues Leben, Berlin, 1980;
- „Spuren“ (Sledi), in „Im Azimut der Nomaden“, Olshas Sulejmenow, Verlag Volk und Welt, Berlin, 1981;
- „Das Armband“ (Braslet), Timur Pulatow, in „Erlesenes“ Nr. 5, Verlag Volk und Welt, Berlin, 1982;
- „Für Wolodja Wyssozki“ (Volodje Vyssozkom), Bulat Okudshawa, „Lied über die Erde“ (Pesnja o semlje), „Morgengymnastik“ (Utrennaja gymnastika), „Er ist gefall’n in der Schlacht“ (On ne vernulsja is boja), „Brüdergräber“ (Bratskije mogilij), Wladimir Wyssozkij, in Temperamente 1/1984, Verlag Neues Leben, Berlin, 1984;
- „Hundekalt“ (V choloda), in Wladimir Wyssozki, Poesiealbum 201, Verlag Neues Leben, Berlin, 1984;
- „Ich“ (Ja), „Kummer“ (Gorje), „Liebe“ (Ljubow), „Seichte Philosophie an tiefen Stellen“ (Melkaja filosofija...), in Wladimir Majakowski, Gedichte, Reclam Leipzig, 1985;
- „Dämmerung“, An die Heimat“, Andrej Bely, „Mein Vers“, „Schneekristalle“, Demjan Bedny, „Trinklied“, „Die Geburt des Verses“, „Schlußgedicht“, Pawel Antokolski, „“Ewige Fahrt“, „Lied der Mutigen“, Alexej Surkow, „Fremdes Leid“, „Fata Morgana“, „Zwei Äxte“, Sergej Michalkow, in Der flammende Dornbusch, Lyrik aus der Sowjetunion, Verlag Volk und Welt, Berlin, 1987;
- „Lied vom nächtlichen Moskau“ (Pesnja o notschnoi Moskvje), „Alexander Sergejewitsch“ (Byloje nelsja vorotitj...), „Lied über die Dummköpfe“ (Pesnja o durakach), Bulat Okudshawa, in Lettre International, Heft 3, Berlin, 1988;
- „Und Vogel Schmerz aus der Schläfe ist leis verflogen, verflogen“, Lieder von Bulat Okudshawa, Künstlerbuch mit Moritz Götze, Hasen Verlag, Halle, 1991;
- „Lied über den weiten Weg“ (Pesnja o dalnej dorogje), „Der Ameis“ (Muravej), in Sturzflüge, Nr. 34, Bozen, 1991; „Gebet“ (Molitva), Bulat Okudshawa, in CONstructiv, Heft 3, Verlag Constructiv, Berlin, 1991;
- „Was in Chaibach geschah“ (11 von 110 Strophen), Apti Bisultanov, in 2. internationales literatufestival berlin, Hrsg. Ulrich Schreiber, Verlag Vorwerk 8, Berlin, 2002;
- „Schatten eines Blitzes, Gedichte 1982 – 2003/In Chaibach verfasst (Poem), Apti Bisultanov, Kitab Verlag Klagenfurt, 2004;